Obwohl in der Nacht mein Wasser im Beutel gefriert, schlafe ich recht gut. Ein sonniger, aber kalter Tag bricht an. Bald schon sehe ich einige Male einen Rotmilan. Diese großen Greifvögel mit ihrem gegabelten Stoß haben es mir besonders angetan. Die Landschaft mit Höhenzügen und Tälern bleibt weiter recht abwechslungsreich. Die weiten Wiesen erlauben großzügige Ausblicke. Einmal begegne ich einem Harvester bei der Arbeit. Diese riesigen Maschinen fällen, entasten und sägen das Holz in vorgegebene Längen in nur einem Arbeitsschritt. Wahnsinn, wie schnell das geht! Sonst hat man gesagt, dass ein Harvester etwa 10 Waldarbeiter ersetzt. Auf den großen Kahlschlägen geht die Arbeit schnell voran, daher sind es wohl eher 20 bei solchen Verhältnissen…
Bäume mit der Motorsäge zu fällen ist sehr gefährlich, daher sind die Maschinen arbeitstechnisch durchaus positiv zu beurteilen. Allerdings können sie maximal 10 Meter weit greifen, daher benötigt man alle 20 Meter eine 4 Meter breite Fahrspur. Das bedeutet, dass mindestens 20 % der Fläche befahren wird, mit allen Nachteilen für den Boden. In der Realität ist das Fahrgassennetz häufig noch dichter. Die Harvester werden nach Holzvolumen bezahlt, daher muss es schnell gehen…
Leider wird viel zu selten angeordnet, dass die Randbäume der Rückegassen in zwei Meter Höhe abgeschnitten werden müssen, um sie dauerhaft zu kennzeichnen und auch damit die Maschinenfahrer wissen, dass wert auf das Einhalten der Rückegassen gelegt wird. Man kann übrigens auch gut die Arbeit von Waldarbeitern mit der Motorsäge und den Harvestern gut miteinander kombinieren, dann braucht man nur alle 40 Meter eine Rückegasse. Ein echter Gewinn, der leider viel zu selten praktiziert wird. Die Bodenschäden sind ja größtenteils nicht zu sehen, daher geht es um Kostensenkung und Effizienz des Arbeitens. Der Wald sollte uns ein anderes Vorgehen wert sein!
Später sehe ich dann noch einen Rückezug stehen. Diese auch Forwarder genannten Maschinen fahren das Holz aus dem Bestand an einen mit LKW befahrbaren Weg. An einem Parkplatz sehe ich dann noch eine ganze Reihe Holzlaster mit litauischen Nummernschildern…
Am Nachmittag gelange ich in den Nutscheid, ein großes zusammenhängendes Waldgebiet. Das ist der bisherige Höhepunkt der Borkenkäferschäden auf meiner Tour. Überall stehen noch tote Fichten, obwohl es zahlreiche, riesige Kahlschläge gibt. Immerhin wurde auf einem Teil der Flächen schon in kleinen Gruppen gepflanzt, oft mit Wuchshüllen aus Plastik als Schutz gegen Wildverbiss. In den Containern entdecke ich Laubbäume wie Eichen und Vogelkirschen. Immerhin scheint hier der Wille zu bestehen, vom reinen Nadelholz wegzukommen. Das ist ein sehr teures Vergnügen, aber wenn die Wildbestände wie in Wildenburg eben nicht angepasst sind, geht es ohne Schutz oft nicht. Natürlich müssen die Tausenden von Plastikhüllen auch irgendwann abgebaut werden…
Kahlschläge sind in Deutschland überall verboten. Ich sehe ja noch ein, dass es Sinn macht, noch von den Borkenkäfern besiedeltes Holz schnell einzuschlagen und abzutransportieren. Aber auch hier haben die meisten Stämme gar keine Rinde mehr, also auch keine Borkenkäfer. Die ökologischen Folgen dieser Kahlschläge sind die gleichen wie beim Einschlag gesunder Bäume: Herstellen einer Steppensituation, in der sich in erster Linie Brombeere und Ginster wohlfühlen, rascher Humusabbau und Stickstofffreisetzung, Belastung der Gewässer. Viel besser wäre es, das Holz an dem der Waldbesitzer kaum noch etwas verdient stehen zu lassen, und in dessen Schutz den neuen Wald zu begründen!
Im Sonnenuntergang schlage ich schließlich mein Lager in einem Eichenwald mit viel Stechpalme (Ilex) auf. Diese immergrünen Sträucher scheinen hier häufig vorzukommen.
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