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Dienstag, 29. Juni 2021

Neuer Blog

Hallo Freunde,


ab sofort findet ihr die "Waldbegeisterung" unter dieser neuen Adresse. Ich hoffe der neue Look gefällt euch!


 

Montag, 28. Juni 2021

28.06.2021 Tag 112 Vom Gramschatzer Wald zum Main

Am Morgen geht es häufig auf schönen Pfaden durch die Laubwälder des Gramschatzer Waldes. Zwar sind einige Buchen und seltener auch Eichen abgestorben, der Wald macht insgesamt aber glücklicherweise keinen katastrophalen Eindruck. 

Ein Marder kommt mir auf einem Weg entgegen und verschwindet zur Seite. Als ich auf seiner Höhe bin, nehme ich ein Geräusch aus der Krone einer Vogelkirsche wahr, und siehe da, der Marder versteckt sich dort. Er hat mich bemerkt, keckert kurz und bewegt sich ein Stück, bevor ich ihn nicht mehr sehe. Auf dem Weg liegt sein Kot, voller Kirschkerne…

Am Walderlebniszentrum Gramschatzer Wald, passiere ich den Zahlenpfad und da ich immer noch kein Wasser gefunden habe, frühstücke ich an einem Tümpel voller Kaulquappen mit sauberem Wasser. Ich habe schon viel Schlechteres getrunken…

An einer Stelle wurde ein Laubholzbestand aufgelichtet und Tannen darunter gepflanzt. Ich bin ja ein großer Tannenfreund, aber in diese tiefgelegene, warme Gegend passen sie denn doch nicht. Es gibt hier ja eine große Zahl an Laubbaumarten, die gut gedeihen, wie ich das beispielsweise in Gerolzhofen gesehen habe, daher sollte man solche Experimente lassen!

Erst gegen halb elf verlasse ich den Wald und laufe weiter durch eine abwechslungsreiche, hügelige Landschaft aus Feldern, einigen Blumenwiesen und kleineren Eichenwäldern. Dies ist eine sehr trockene, warme Gegend, ich schwitze aus allen Poren, immerhin füllt jemand in Retzstadt meine Wasserflasche auf. Es gibt hier häufiger Schwarzkiefern, die ursprünglich aus dem Mittelmeerraum stammen, dennoch sind einige abgestorben. 

Oberhalb des Mains wandere ich durch Weinberge und Laubwald nach Karlstadt, wo ich wieder den Fluss überquere. Es geht dann wieder recht steil aus dem Tal heraus, und schließlich schlage ich mein Lager in einem offenen Kiefernwäldchen auf. Gewitter ist angesagt, daher hoffe ich, dass von den niedrigen Bäumen keine Gefahr ausgeht. 

Ulrich Mergner hat mir geschrieben, der bis zum Mai 16 Jahre lang das Forstamt Ebrach geleitet hatte. Er bedauert, dass ich mich für einen Nationalpark im Steigerwald ausgesprochen habe und glaubt, dass es dem Waldnaturschutz abträglich wäre, wenn „das vorbildliche Konzept durch eine Nationalparkausweisung zunichte gemacht würde“. „ Die Lust auf Nachahmung würde den Kollegen schnell vergehen“.

Da werden zwei ganz verschiedene Dinge gegeneinander ausgespielt. Natürlich verstehen Kollegen, dass der Ebracher Wald etwas ganz Besonderes ist, mit seinem Reichtum an alten Laubbäumen und den Urwaldrelikten. Ulrich Mergner scheint seinen Kollegen offenbar nicht zuzutrauen, dass sie zwischen einem aussergewöhnlichen, nationalparkwürdigen Gebiet und einem normalen Wirtschaftswald unterscheiden können, in dem das Konzept durchaus sinnvoll ist. 

Ausserdem muss man sagen, dass ein Naturschutzkonzept, welches die meisten Elemente Ebrachs erhält, im ganzen Staatswald Bayerns gilt. Zwar sind örtliche Modifizierungen möglich, dass ändert aber nichts daran, dass Elemente wie Totholzanreicherung, Habitatbaummarkierung und die besondere Bewirtschaftung von Altwäldern überall vorgeschrieben sind. Ebrach hat sicher eine Pionierrolle gespielt, aber es wirkt leider auch immer wieder, als diene das Naturschutzkonzept als Bollwerk gegen einen Nationalpark. Schade, denn natürlich ist die Integration von Naturschutzelementen auf ganzer Fläche extrem wichtig!




Abgestorbene Buche


Interessant...


Gramschatzer Wald


Hier muss man keine Tanne pflanzen


Hier war der Marder



Zahlenpfad


Auf schönen Pfaden






Schwarzkiefer


Walnuss


Über dem Main

Bunte Kronwicken



Main



Main in Karlstadt






Sonntag, 27. Juni 2021

27.06.2021 Tag 111 Über Felder und Weinberge zum Gramschatzer Wald

Da es gestern Abend zu spät war, blogge ich morgens zunächst noch und starte relativ spät. Überall haben sich an meiner Ausrüstung Nacktschnecken angeheftet und Schleimspuren hinterlassen. Ein bisschen eklig ist das schon…

Erst nach sieben breche ich auf und wandere an einem Teichgebiet vorbei lange durch weite Felder. Immerhin sehe ich hier einige Hasen und sogar zwei Rebhühner. Vor Volkach beginnen dann die Weinberge. Da heute ein Sonntag mit schönem Wetter ist, sind viele Leute unterwegs. Einige Zeit wandere ich durch die Weinberge über dem Main. Die Szenerie ist ganz nett, kommt jedoch nicht an Rhein oder Mosel heran. 

Ein kurzes Stück laufe ich dann durch einen Eichenwald, bevor ich auf einem asphaltierten Radweg nach Kürnach an der A 7 laufe. Es dauert wieder einmal viel zu lange, bis ich den Lärm hinter mir gelassen habe. In den Ausläufern des Gramschatzer Waldes hier fallen zahlreiche tote Buchen auf, die mit ihren trockenen Ästen aus dem Grün der Hänge ragen. Ich bin gespannt, was ich hier noch zu sehen bekomme.

Leider habe ich nur noch einen halben Liter Wasser, aber der Bach an dem ich vorbei komme, sieht überhaupt nicht einladend aus, obwohl Blauflügelige Prachtlibellen auf Schilfhalmen sitzen. Schließlich suche ich mir einen Platz in einem Mischbestand aus Buchen, Eichen, Hainbuchen und Lärchen und stelle mich auf eine durstige Nacht ein. Wie gestern Abend auch, wimmelt es von Mücken. Da ich weder ein chemisches Abwehrmittel, noch ein Moskitonetz benutze, hoffe ich, dass die meisten Quälgeister bei Einbruch der Dunkelheit verschwinden und übe mich in Geduld. 




Frühmorgens durch die Felder


Weite Agrarlandschaft


Der Main in Volkach


Mainschleife


Weinberge


Echt gefährlich im Wald...

Schachbrett



Kornkammer


Etliche Buchen sind abgestorben


Unter Mücken und Schnecken

Samstag, 26. Juni 2021

26.6.2021 Tag 109 Mit der Waldlegende Dr. Sperber im Steigerwald

Nach dem Frühstück im Gästehaus Kaiser holt mich Dr. Georg Sperber ab, mit 88 Jahren immer noch hellwach und eine hochinteressante Persönlichkeit. Es ist mir eine große Ehre, diese „Waldlegende“ kennen zu lernen! Trotz des Altersunterschieds sind wir dann auch gleich beim Du.

Zunächst fahren wir einige Meter bis zum etwa 50 Hektar großen Naturwaldreservat Brunnstube, in das wir dann laufen. Das sich die Wälder im Steigerwald heute noch so urwüschsig präsentieren, ist teilweise den Zisterziensermönchen des Kloster Ebrach zu verdanken, die den umliegenden Wald lange Zeit sehr schonend bewirtschaftet haben. So gab es hier für die örliche Bevölkerung kaum Nutzungsrechte, wie Streunutzung und Waldweide, die an vielen Orten den Wald stark devastiert haben.

Georg Sperber übernahm 1972 das Forstamt. In dem Jahrzehnt zuvor waren hier noch 700 Hektar alte Laubwaldbestände kahl geschlagen und überwiegend mit Nadelbäumen bepflanzt worden. Dies sollte jetzt auf weiteren 500 Hektar geschehen, eine Praxis die er sofort zu seinem Amtsantritt beendete und das auch 20 Jahre lange durchhalten konnte, bis überall die Kahlschlagwirtschaft beendet wurde. Georg zeigt mir Karten aus dieser Zeit deren Vokabular regelrecht militärisch ist. So wird von „Angriff“ und „Teilangriff“ geschrieben, als Bezeichnung für die vorgesehenen Kahlschläge. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass hier regelrecht Krieg gegen den Wald geführt wurde! Oft wird von Forstleuten betont, dass der Zustand des Waldes aus lange zurück liegenden Entwicklungen resultiert, was oft auch richtig ist, allerdings ist es erstaunlich wie lange und in welcher Intensität in Deutschland noch bis in jüngste Zeit die alten Laubwälder, unser wichtigstes Naturerbe vernichtet wurden. So etwas darf sich heute unter dem Deckmantel des Umbaus der von manchen als nicht „klimastabil“ angesehenen Buchenwälder auf keinen Fall wiederholen!

Der Steigerwald ist standörtlich sehr vielfältig, so gelangen wir auch in der Brunnstube von eher reicheren Standorten, in denen sich Eichen, Hainbuchen, Ahorne und Elsbeeren zu den Buchen gesellen, zu eher ärmeren Bereichen, dem typischen Hainsimsen- Buchenwald. In dem etwa 270 Jahre alten Bestand sind keine Bewirtschaftungsspuren mehr feststellbar und der Charakter des Waldes kommt einem Urwald, wie es ihn beispielsweise in den Karpaten noch gibt, sehr nah. Da macht es auch nichts, wenn ein Tornado wie 2012 geschehen, einige mächtige Bäume fällt. Im Gegenteil, so ein Ereignis sorgt für mehr Vielfalt! Erstaunlich ist auch die hohe Holzqualität der Baumstämme und das alles ohne die Pflege des Försters…

Ebenso bestätigt sich hier auch die verbreitete Ansicht nicht, dass die Buche so dominant ist, dass sie kaum andere Baumarten neben sich duldet…

Ein toller Wald, der einen staunen lässt, kaum zu glauben, dass offenbar immer noch für Viele nur ein bewirtschafteter Wald ein guter Wald ist!

Georg erzählt mir, dass man gerade erst neu entdeckte Erkenntnisse der Wissenschaft, wie beispielsweise, dass ein vorratsreicherer Wald auch über einen höheren Zuwachs verfügt oder dass auch in sehr alten Beständen das Wachstum über lange Zeit kaum zurück geht,  eigentlich schon lange bekannt sind…

Über die Argumentation mancher naturgemäß arbeitender Forstleute, dass so ein Waldbau nur mit niedrigem Holzvorrat möglich ist, kann er nur schmunzeln. 

Selbst die Folgen große Trockenheit im Wald hat er schon nach 1976 gesehen. Nach diesem trockenen Jahr waren viele Buchen schwer erkrankt, und es gab Wissenschaftler, die dieser Baumart keine Zukunft mehr gaben, und wiederum die schnelle Beseitigung der alten Bestände empfahlen, was glücklicherweise relativ wenig umgesetzt wurde. Auf meine Frage, ob er es für sinnvoll hält, die Buchenbestände im Wirtschaftswald zur Zeit nur sehr vorsichtig zu nutzen, sagt er, dass er schon zu seiner Zeit wusste, wenn der Neuaustrieb in einem Bestand nach dem Wintereinschlag ins grün- gelbliche verfärbte, war man zu stark vorgegangen. Maximal 50 Festmeter pro Hektar ließ er einschlagen, kam aber bald zur Erkenntnis, dass zweimal 25, im Abstand einiger Jahre bestandesschonender sind, als 50 Festmeter in einem Eingriff. 

Die alten Bäume in der Brunnstube sind extrem beeindruckend! Zu meiner Frage, ob das Naturschutzkonzept des Forstamts einen Nationalpark ersetzen kann, hat er eine klare Meinung: Zwar hält er dass Konzept bei konsequenter Anwendung im Wirtschaftswald für gut, aber solche seltenen Perlen wie der Steigerwald mit dieser nach wie vor sehr hohen Dichte an alten Bäumen, bedürfen unbedingt eines vollständigen Schutzes, wie ihn nur ein Nationalpark gewähren kann! Der Steigerwald mit seiner Größe und standörtlichen Vielfalt würde noch einmal neue Akzente im deutschen Nationalparksystem setzen und wäre sicher auch würdig in der UNESCO- Weltnaturerbestätte „Alte Buchenwälder“ mit integriert zu sein.

Georg Sperber weiß nach wie vor Bestens im Steigerwald Bescheid, kennt die Vorkommen von seltenen Vögeln und Käfern, sieht aber auch, dass das Naturschutzkonzept nicht immer umgesetzt wird. So gibt es durchaus zu starke Einschläge, dickes Kronenholz bleibt nicht immer liegen, Bestände werden aufgelichtet um Douglasien zu pflanzen und alte Buchen werden noch kurz vor der Methusalemgrenze 80 Zentimeter gefällt. Trotz dieser Vorkommnisse hält er die Bewirtschaftung des Forstbetriebs Ebrach grundsätzlich für relativ schonend. Aus meiner Perspektive ist es zwar verständlich, dass es einem als Förster schwer fällt, die Bewirtschaftung aufzugeben, aber andererseits würde mir hier jeder alte Baum leid tun, der unter der Motorsäge fällt. Lasst uns doch stolz sein auf solche großen, naturnahen Laubwaldgebiete wie den Steigerwald und ihnen als Konsequenz daraus wirklich erlauben, sich zu einer „Wildnis von Morgen“ zu entwickeln!

Georg könnte mir noch Tausend Sachen zeigen und ich ihm ewig zuhören, aber schließlich heißt es Abschied nehmen und ich wandere mit Ulla Reck, einer Tierärztin, die jetzt im Naturschutz arbeitet, und den gestrigen Termin organisiert hat, sowie ihrer Freundin Kim Weber weiter. Doch zuvor schauen wir uns kurz noch in Ebrach die sehr sehenswerte Ausstellung „Wilde Buchenwälder“ an. Noch einmal durchqeren wir den Steigerwald in Richtung Norden und gelangen schließlich bei Prüssberg an seinen Rand. Erstaunlich wie hier der Wald in Weinberge übergeht. 

Nachdem ich in Gerolzhofen eingekauft habe, und mich von meinen Begleiterinnen verabschiedet habe, schlage ich schließlich in einem imposanten Eichenwald mein Lager auf. Es gibt hier viele Mücken, die aber glücklicherweise bei Einbruch der Dunkelheit überwiegend schlafen gehen. Später verleiht dann das grünliche Licht zahlreicher Glühwürmchen dem nächtlichen Wald eine geheimnisvolle Atmosphäre. 


Mit Dr. Georg Sperber im Naturwaldreservat Brunnstube


Urwaldartige Strukturen


Ein toller Wald!


Kann Wald noch schöner sein?


Krebs


Es gibt auch dunkle Bereiche


Zunderschwammbuche


Licht und Schatten


Beeindruckende Altbäume


Krieg gegen den Wald


Weite Bereiche sollten kahl geschlagen werden


Auch in der Brunnstube war Kahlschlag geplant!


Wald statt Forst!


Ausstellung "Wilde Buchenwälder"


Klein aber fein


Erschreckend!


Mit Ulla und Kim durch den Steigerwald


Riesenbäume


Pilze


Kennzeichnung Methusalembaum


Raupe


Am Rand des Steigerwalds


Der Wald geht  in Weinberge über


Blick zurück zum Steigerwald



Ein schöner Abend


Bei Gerolzhofen


Später kommen die Glühwürmchen