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Montag, 12. April 2021

12.04.2021 Tag 44 Interessante Gespräche in Johanniskreuz

In der Nacht regnet es noch lange weiter, aber ich liege ja trocken…

Früh am Morgen bin ich wieder unterwegs, durchquere Mölschbach und laufe einige Zeit im Wald etwas abseits einer Bundesstraße weiter. Die Forstabteilungen des Staatswald sind hier mit großen Tafeln markiert. Vorbildlich, denn der Bürger soll ja schließlich wissen, dass er sich gerade in seinem Wald befindet…

Gegen 8:30 erreiche ich das Haus der Nachhaltigkeit in Johanniskreuz. Diese Einrichtung wird von den Landesforsten betrieben und widmet sich hauptsächlich der Naturbildung der Erwachsenen. Der Leiter Michael Leschnig hatte mich eingeladen und den heutigen Tag organisiert. Nach einem Frühstück mit den Mitarbeitern, treffe ich Dr. Ulrich Matthes, den Leiter des rheinland-pfälzischen Kompetenzzentrums für Klimawandelfolgen, dass seit etwa 10 Jahren arbeitet. Dr. Matthes schildert, dass Rheinland-Pfalz überdurchschnittlich von der Klimaerwärmung betroffen ist, aber die Wirkungen für den Wald durch den hohen Laubbaumanteil weniger stark sind. Nichts desto trotz sind alle Baumarten geschädigt, wenn es auch noch keine flächigen Absterbeerscheinungen gibt, von der Fichte natürlich abgesehen. 

Er hält es für sehr wichtig, das Niederschlagswasser soweit möglich im Wald zu halten. Dazu dienen die Entschärfung von Wegeseitengräben und die Vermeidung von Erosion und Verdichtung auf Rückegassen so weit dass irgendwie geht. Gerade dem gesunden Boden räumt er im Bezug auf den Klimawandel hohe Bedeutung ein. Rheinland-Pfalz geht davon aus, dass unsere heimischen Baumarten genügend Anpassungspotenzial haben, und erprobt lediglich Baumarten aus dem eurasischen Raum unter wissenschaftlicher Begleitung auf ihre Eignung unter unseren Verhältnissen. Dabei betont er, dass es noch große Unsicherheiten gibt, gerade was künftige Extremereignisse angeht, aber auch eine mögliche Abschwächung des Golfstroms sei bisher nur unzureichend in den Klimamodellen berücksichtigt. Gerade was die Naturverjüngung beispielsweise der Buche angeht, denkt er, dass sich bei langen Verjüngungszeiträumen in denen immer wieder neue Buchen keimen, es auch zu epigenetischen Anpassungsprozessen an die neuen Verhältnisse kommen wird. In diesem Zusammenhang hält er es für wichtig, die alten Buchenbestände nicht stark aufzulichten. Zur Zeit gibt es ein Moratorium was den Einschlag in diesen Beständen angeht, wie es damit dann weiter geht, ist noch unsicher. Was Windräder angeht, hält er sie auch für notwendig, erachtet es aber als wichtig, intakte Wälder nicht noch zusätzlich durch die Erschließung für die Anlagen aufzureißen. 

In der Mittagspause essen wir zusammen und dann finden Interview und Fotoaufnahmen mit dem regionalen Magazin „VielPfalz“ statt.

Anschließend habe ich die Gelegenheit mit Stefan Asam zu sprechen, seit zwei Jahre der Leiter des operationalen Geschäfts der Landesforsten. 

Asam betont, dass gerade ein Paradigmenwechsel statt findet, weg von der überwiegend wirtschaftlichen Betrachtung des Waldes hin zu einem mehr ökosystemaren Ansatz, erwähnt aber auch, dass dieses „neue Denken“ bei vielen Forstleuten noch nicht angekommen ist. 

Er bekennt sich klar zum Biotopbaumkonzept und will von bisher etwa 8 auf 10 % Staatswald ohne forstliche Nutzung gehen, der gesetzlich abgesichert werden soll. Die Einführung neuer Baumarten will er wie Dr. Matthes gesagt hatte, nur in sehr geringem Umfang durchführen. Die Große Küstentanne soll dabei gar keine Rolle spielen, und auch die Douglasie, die lange Zeit als Baum der Hoffnung galt, sieht er aufgrund ihres Gesundheitszustands inzwischen kritisch. Zu Kritik an der Bewirtschaftung zeigt er sich gesprächsbereit, und betont auch, wo es in der Vergangenheit zu hohe Nutzungsansätze in den Altbeständen gab, diese unter den neuen Bedingungen auch geändert werden können, wenn die „Ökosystemleistungen“ das erfordern. Das komplette „Abräumen“ von durch Borkenkäfer zum Absterben gebrachten Beständen, sieht Herr Asam ebenso kritisch wie ich.

Zum Abschluss treffe ich dann noch Sylvia Idelberger, die Leiterin des Luchswiedereinbürgerungsprojekts im Pfälzer Wald. Diese große Katzenart war hier im 19 Jahrhundert ausgerottet worden. Daher wurden seit 2015 20 Exemplare wieder ausgewildert, die sich gut vermehren. Sogar in die waldarme Rheinebene hat ein Luchs einen Streifzug übernommen. Die Hauptbeute der Katzen sind Rehe, aber aufgrund ihrer sehr großen Reviere, können sie kaum Einfluss auf die Zahl ihrer Beutetiere nehmen. Das Projekt hat sich sehr um Akzeptanz bei vielen Interessentengruppen bemüht, so dass die Rückkehr des Luchses überwiegend positiv gesehen wird. 

Gegen 16 Uhr verabschiede ich mich schließlich und setze meinen Weg fort. Ich sehe Eichenjungbestände, die gerade frisch durchforstet wurden, leider nicht lediglich mit Konzentration auf die Auslesebäume. Es gibt hier auch tolle, sehr wertvolle Alteichenbestände. Leider sehe ich mal wieder keine Biotopbäume, dafür liegt eine abgestorben geerntete Eiche, die nur noch geringen Wert hat am Weg. Gerade in den qualitativ hochwertigen Eichenbeständen scheint es vielen Förstern schwer zu fallen, Biotopbäume aus der Nutzung zu nehmen. Das ist aber für die Vielfalt des Lebens in diesen Lebensräumen unabdingbar!

Nachdem sich die auf meiner Karte eingezeichnete Hütte als Fata Morgana herausgestellt hat, schlage ich schließlich mein Tarp in einem jungen Eichenbestand auf. Bald schneit es wieder kräftig…


So weiss der Bürger, dass er in seinem Wald ist!

Plastikbänder müssen nicht sein!

Haus der Nachhaltigkeit/ Johanniskreuz




Gespräch mit Dr. Ulrich Matthes über den Klimawandel


Sylvia Idelberger leitet das Projekt zur Wiedereinbürgerung des Luchses

  Q/D bedeutet, nicht flächig zu arbeiten!


Abgestorbene Eichen besser stehen lassen!

20 m Rückegassen neu angelegt - viel zu dicht!




1 Kommentar:

  1. Wieder ein toller Tagesbericht, vielen Dank! Danke auch für das Kommentieren der Bilder, als Laie weiß man oft nicht, worauf man zu achten hat ... (wie hier zB die Markierung der Bäume mit Plastikbändern).

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